Meist sieht man nur ihre Spuren in unberührter Schneelandschaft. Vielleicht die eines Schneehasen oder gar die eines Steinbocks. Es sind etliche Tierarten, die in Flims Laax auf unterschiedlichen Höhen zu Hause sind, sich aber am liebsten nicht blicken lassen. Neben Feld- und Schneehasen sowie Steinböcken sind das Rothirsche, Gämsen, Rehe, Alpenschneehühner, Birkhühner, Auerhühner, Füchse und Dachse – und viele Murmeltiere, die im Winter allerdings abtauchen. Sie schlafen tief und fest. Auch ein Adlerpaar hat sich am Flimserstein niedergelassen, und ab und zu kommen Bartgeier zu Besuch. Sie alle müssen sich irgendwie mit dem Tourismus und der freizeitlichen Nutzung ihres Lebensraums durch den Menschen arrangieren.
In der kalten Jahreszeit, erklärt der Flimser Wildhüter Claudio Spadin, stehe das Wild – das sind alle wild lebenden Tiere – vor besonderen Herausforderungen. Nahrung ist nur spärlich vorhanden und meist nährstoffarm, die Tage sind kurz, die Fortbewegung im Schnee kräftezehrend. Hinzu kommt die teilweise extreme Kälte. Die Tiere haben ihren Energiehaushalt auf Sparflamme gesetzt, um die harten Zeiten zu überstehen. Es ist deshalb wichtig, dass die Tiere keinen wiederholten, für sie unvorhersehbaren Störungen ausgesetzt sind und dass sie nicht bedrängt und gestresst werden. Bei jeder Flucht vor Eindringlingen in ihren Lebensraum verbrauchen sie zu viel Energie, die sie eigentlich zum Überleben benötigen. Wenn es zu oft passiert, sind sie unter Umständen am Ende so geschwächt, dass sie sterben. «Dieser Stress ist vor allem gefährlich für alle Schalenwildarten, also für Reh, Gämse, Hirsch und Steinbock, aber auch für Hasen und Hühnervögel», sagt Claudio Spadin.
Um das Wild zu schützen, haben Kantone und Gemeinden gemeinsam mit dem Schweizer Bundesamt für Umwelt BAFU spezielle Rückzugsräume geschaffen und Wildruhezonen und Wildschutzgebiete
ausgeschieden. In der Destination Flims Laax gibt es über ein Dutzend solcher Rückzugsräume, einschliesslich der Zonen, die mit Überflugeinschränkungen für Gleitschirmflieger und Deltasegler
belegt sind. Sowohl auf Ski- und Schneetourenkarten wie auch auf dem Pistenplan von Flims Laax sind die geschützten Areale eingetragen.Wildschutzgebiete dienen in erster Linie der Jagdplanung, das heisst, hier herrscht das ganze Jahr über ein totales oder partielles Jagdverbot. Gleichzeitig ist aber auch die Freizeitnutzung eingeschränkt.
Dass die Wildruhezonen von Wintersportlern respektiert werden, ist Wildhüter Claudio Spadin das allerwichtigste Anliegen. Er hat deshalb auch bei einem Video mitgewirkt, das unter dem Titel «Respect Wildlife» für ein wildtierverträgliches Verhalten bei Freeridern wirbt. Das Video ist Teil der breit abgestützten Kampagne «Respektiere deine Grenzen», initiiert vom Schweizer Bundesamt für Umwelt
BAFU und vom Schweizer Alpen-Club SAC. Der Aufruf, sich naturverträglich und respektvoll gegenüber dem Wild zu verhalten, richtet sich an Freerider, Variantenfahrer, Skitourengänger, Schneeschuhläufer und andere Wintersportler, die in den Bergen unterwegs sind.
Noch zwei weitere Schutzgebiete im Skigebiet LAAX sind der Natur gewidmet. In diesen geht es primär um die Erhaltung des Waldes als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Forstwirtschaftliche Eingriffe
sind streng geregelt oder gar verboten. Das Naturwaldreservat Stretg ist das Zuhause verschiedener Arten von Raufusshühnern – dem Auerhuhn, dem Birkhuhn und dem Haselhuhn. Speziell für Auer- und Birkhuhn wurde zusätzlich ein Sonderwaldreservat zur Förderung ihres Lebensraums ausgeschieden. Beide Schutzgebiete zählen im Winter auch zu den Wildruhezonen. Kommt es übrigens doch einmal zu einer Begegnung mit einem der scheuen Bergbewohner, dann bleiben auch Sie unbedingt auf Distanz und machen Sie keinen Lärm.
Der Schneehase wechselt sein Fell im Laufe des Jahres dreimal. Im Herbst ist es zuerst graubraun und wird dann weiss. Im Frühling ist es wieder graubraun und im Sommer braun. Der Schneehase bewohnt offene Flächen oberhalb der Waldgrenze und im Winter auch lichte Wälder. Er kann Löcher in den Schnee graben, um darin entweder Schutz oder Nahrung zu suchen. Der Schneehase ist nachtaktiv.
Männliche Rothirsche tragen ein Geweih aus Knochensubstanz. Dieses werfen sie jedes Jahr zwischen Februar und april ab. Rothirsche leben nach Geschlechtern getrennt in Rudeln und dies fast das ganze Jahr über. Sie bevorzugen weitläufige Wälder mit angrenzenden offenen Flächen.
Geissen, Kitze und Jährlinge bilden Rudel von bis zu 30 und mehr Tieren. Im Winter halten sich Gämsen oft etwas weiter unten auf als im Sommer, leben zum Teil aber auch ganzjährig in höheren Lagen. Man findet sie vor allem an sonnenexponierten Hängen, die nach Schneefällen rasch apere Flächen aufweisen
Steinböcke verdanken ihre Kletterkünste ganz speziellen Hufen. Im Winter halten sie sich meist in mittleren lagen an steilen, sonnenexponierten Hängen auf. In besonders strengen Wintern suchen sie Gebiete unterhalb der Waldgrenze auf.
Das Auerhuhn ist vom Aussterben bedroht. In der Schweiz gibt es nur noch zwischen 450 und 500 Hähne. Das Auerhuhn ist ein Waldtier und lebt in lichten, struktur reichen Wäldern. Besonders eindrücklich ist seine Balz.
Wolf, Bär, Luchs – drei Grossraubtiere, die in der Schweiz bereits ausgestorben waren, sind in den vergangenen Jahren zurückgekehrt. Sie wanderten von Italien und Frankreich ein. Über die Neuzugänge sind jedoch nicht alle erfreut, und oft kommt es zu Konflikten mit Jägern und Nutztierhaltern. Das Schweizer Bundesamt für Umwelt BAFU hat deshalb spezielle Konzepte für Wolf, Bär und Luchs erstellt, die das Zusammenleben von Mensch und Tier regeln. Grundsätzlich gelten alle drei genannten Arten als einheimisch und geschützt.Auch in der Surselva, die sich von Flims bis nach Disentis erstreckt, hat sich in den letzten Jahren das eine oder andere Grossraubtier blicken lassen oder gar einquartiert. Seit 2012 lebt am nahegelegenen Calanda, dem Hausberg von Chur, ein ganzes Wolfsrudel. Mitglieder dieses Rudels wurden auch schon in Flims gesichtet. Auch mehrere Luchse leben im oberen Teil der Surselva; in der Region Flims Laax soll aber noch keiner aufgetaucht sein. Beim Luchs hat der Schweizer Bundesrat selbst die Initiative ergriffen, und so laufen schon seit 1971 Programme zu seiner Wiederansiedlung. Der jüngste Einwanderer in der Schweiz ist der Goldschakal. Im Januar 2015 erschoss ein Jäger auf der Passjagd in der Surselva aus Versehen einen jungen männlichen Goldschakal, den er mit einem Fuchs verwechselt hatte. Bereits im Winter 2011/2012 war in der Nordwestschweiz ein Goldschakal mehrmals von Fotofallen erfasst worden. Erst mit dem Abschuss in der Surselva konnte aber auch ein physischer Nachweis des Tieres erbracht werden. Unverzüglich wurde die Jagdverordnung angepasst und der Goldschakal den drei anderen geschützten Grossraubtieren gleichgestellt. Das grösste Aufsehen erregte jedoch die Rückkehr des Bären. 100 Jahre nach seiner Ausrottung in der Schweiz wurde im Juli 2005 erstmals wieder ein Bär in der Schweiz gesichtet, und zwar im Nationalpark im Engadin. Seither wandern immer wieder Braunbären aus dem italienischen Nationalpark Adamello Brenta in die Schweiz ein. Einer von ihnen hat es vor wenigen Monaten bis in die Surselva geschafft. Im Mai 2016 ist er oberhalb von Trun in eine Fotofalle getappt. Seither hat man ihn nicht mehr gesehen ...